Vortrag von Prof. Dr. Roland Merten zum Thema „Kinder betreuen, erziehen und bilden – Qualität und Professionalit ät in der Tagesbetreuung“, gehalten am 20. März 2006 im Rahmen der ANCE-Fachkonferenz auf Campus Walferdange.
Kinder betreuen, erziehen und bilden: Qualität und Professionalität in der Tagesbetreuung
Wer öffentlich über Erziehung spricht, der ist mit einer Herausforderung konfrontiert: Ähnlich wie beim Fußball und wie in der Politik sitzen die ‚eigentlichen’ Fachleute im Publikum. Jeder ist erzogen worden, jeder hat die Schule besucht, entweder hat man eigene Kinder, und weiß daher, wie das mit der Erziehung richtig geht, oder man hat doch zumindest die schlecht erzogenen Kinder des Nachbarn vor Augen, und weiß, was vermieden werden muss. In einer solchen Situation überhaupt noch das Wort zu ergreifen, ist fast waghalsig, und dennoch soll diese Herausforderung im Folgenden angenommen werden. Dies wird in fünf Schritten erfolgen:
Erstens wird in Erinnerung gerufen, was man unter Erziehung verstehen kann bzw. in welcher Weise erziehungswissenschaftlich Aufklärungsbedarf angezeigt ist. In einem zweiten Schritt geht es um die Bestimmung bzw. daran anschließend die Vermeidung einiger Missverständnisse, die im Verhältnis von Betreuung, Erziehung und Bildung allzu oft anzutreffen sind. Drittens wird einem weiteren Missverständnis entgegen getreten, nämlich dass Erziehung eine ausschließlich private Angelegenheit sei, in die sich niemand einzumischen habe. In einem vierten Schritt soll sodann deutlich gemacht werden, dass wesentliche Impulse zur Diskussion um Bildung im vorschulischen Bereich der PISA-Studie zu verdanken sind, ohne dass diese hierzu jedoch auch nur ein Wort verloren hat. Sodann wird – fünftens – auf einen in diesem Zusammenhang zentralen Punkt eingegangen, der mit ‚Professionalität’ bzw. ‚Qualität’ genau benannt, aber eben noch nicht geklärt ist.
1. Was ist Erziehung
Schleiermacher hat seine Pädagogik-Vorlesung von 1826 mit der höchst interessanten Bemerkung eröffnet: „Was man im allgemeinen unter Erziehung verstehet, ist als bekannt vorauszusetzen“ (Schleiermacher 2000, S. 7). Worauf es also ankommt, ist, das allgemein Bekannte durch die ein oder andere Irritation aus seiner Selbstverständlichkeit zu lösen, um es auf diese Weise der kritischen Diskussion zugänglich zu machen. Hierzu kann es sehr nützlich sein, sich auf ein Vorverständnis zu beziehen, in dem bereits diese Arbeit geleistet wurde. Insofern soll hier – stellvertretend für viele andere – auf Immanuel Kant zurückgegriffen werden. So macht er beispielsweise in seiner Pädagogik auf den folgenden Sachverhalt aufmerksam: „Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss“ (Kant 191985, S. 697). Und er führt im gleichen Zusammenhang weiter aus: „Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht. Es ist zu bemerken, dass der Mensch nur durch Menschen erzogen wird, durch Menschen, die ebenfalls erzogen sind“ (Kant 1985, S. 699). Kant vertraut also – er kennt zwar schon den Sachverhalt, aber noch nicht den Begriff der Sozialisation – nicht darauf, dass Kinder quasi im Selbstlauf bzw. en passant die für ihre weitere Entwicklung notwendigen Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben, sondern er macht deutlich, dass dies ein intentionaler Prozess ist[1]. Und sein Verweis darauf, dass Erziehung von einer Generation über die nächste erfolgt, führt ihn zu der Überlegung, dass auf diese Weise – durch kritische Reflexion, also als Pädagogik – ein Fortschritt derselben möglich sei. „Die Erziehung ist eine Kunst, deren Ausübung durch viele Generationen vervollkommnet werden muss. Jede Generation, versehen mit den Kenntnissen der vorhergehenden, kann immer mehr eine Erziehung zu Stande bringen, die alle Naturanlagen des Menschen proportionierlich und zweckmäßig entwickelt, und so die ganze Menschengattung zu ihrer Bestimmung führt“ (Kant 1985, S. 702). Wie unschwer zu erkennen ist, hat Erziehung für Kant eine doppelte Perspektive, nämlich eine personale und eine gattungsspezifische. Hier soll jedoch nur die erste betrachtet werden.
Kant geht davon aus, dass der Mensch erzogen werden muss. Die Voraussetzungen des zu Erziehenden sind dabei (als Bedingung der Möglichkeit von Erziehung überhaupt) als Naturanlagen vorhanden, sie müssen jedoch noch richtig – proportionierlich und zweckmäßig, wie er sagt – entfaltet werden. Anders als in ansonsten im Wesentlichen geteilten Prämissen in Fragen der Pädagogik (vgl. detailliert Weisskopf 1970), die Rousseau in seinem Emile entfaltet, folgt ihm Kant an dieser Stelle nicht, sondern geht davon aus, dass alles, was von der Natur kommt, gut ist, sondern erst durch Erziehung gut gemacht werden kann[2]. „Der Mensch soll seine Anlagen zum Guten erst entwickeln; die Vorsehung hat sie nicht schon fertig in ihn gelegt; es sind bloße Anlagen und ohne den Unterschied der Moralität. Sich selbst besser machen, sich selbst kultivieren, und, wenn er böse ist, Moralität bei sich hervorbringen, das soll der Mensch. Wenn man das aber reiflich überdenkt, so findet man, dass dieses sehr schwer sei. Daher ist die Erziehung das größeste Problem, und das schwerste, was dem Menschen aufgegeben worden“ (Kant 1985, S. 702; vgl. hierzu auch Schwarz 1915, 100ff.).
Angesichts eines derart bestimmten Schwierigkeitsgrades bleibt einem eigentlich nur Resignation übrig. Aber damit wäre Kant missverstanden, denn er zeigt einen Ausweg, der indes nicht unbedingt leicht zu beschreiten ist. In diesem Zusammenhang führt er Folgendes aus: „Weil die Entwicklung der Naturanlagen bei dem Menschen nicht von selbst geschieht, so ist alle Erziehung – eine Kunst. (…) Der Ursprung sowohl, als der Fortgang dieser Kunst ist entweder mechanisch, ohne Plan, nach gegebenen Umständen geordnet, oder judiziös. Mechanisch entspringt die Erziehungskunst bloß bei vorkommenden Gelegenheiten, wo wir erfahren, ob etwas dem Menschen schädlich, oder nützlich sei. Alle Erziehungskunst, die bloß mechanisch entspringt, muss sehr viele Fehler und Mängel an sich tragen, weil sie keinen Plan zum Grunde hat. Die Erziehungskunst oder Pädagogik muss also judiziös werden, wenn sie die menschliche Natur so entwickeln soll, dass sie ihre Bestimmung erreiche“ (Kant 1985, S. 703f.). Kant setzt hier voraus, dass Erziehung – als Kunst (wir sprechen heute von: Profession) immer schon Wissen, und zwar geordnetes und systematisiertes Wissen – voraussetzt, weil sie sich sonst in der Generationenfolge nicht verbessert und die gleichen Fehler in jeder Generation neu gemacht werden. Kant legt damit ein Fundament für die Begründung einer soliden theoretischen Fundierung der pädagogischen Praxis: „… so muss die Pädagogik ein Studium werden, sonst ist nichts von ihr zu hoffen, und ein in der Erziehung Verdorbener erzieht sonst den anderen. Der Mechanismus in der Erziehungskunst muss in Wissenschaft verwandelt werden, sonst wird sie nie ein zusammenhängendes Bestreben werden, und eine Generation möchte niederreißen, was die andere schon aufgebaut hätte“ (Kant 1985, S. 705).
Diesen gleichen Sachverhalt hat er genereller für das Verhältnis von Theorie und Praxis auch an anderer Stelle präzise bestimmt, nämlich in seiner Schrift „Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis“. Dort geht er zunächst ausführlich auf ein entwickeltes Verständnis von Theorie ein, im hier interessierenden Zusammenhang ist aber wesentlich interessanter, was er zur Praxis zu sagen hat: „Man nennt einen Inbegriff selbst von praktischen Regeln alsdann Theorie, wenn diese Regeln als Prinzipien in einer gewissen Allgemeinheit gedacht werden, und dabei von einer Menge Bedingungen abstrahiert wird, die doch auf ihre Ausübung notwendig Einfluss haben. Und umgekehrt heißt nicht jede Hantierung, sondern nur diejenige Bewirkung eines Zwecks Praxis, welche als Befolgung gewisser im allgemeinen vorgestellter Prinzipien des Verfahrens gedacht wird“ (Kant 1981, S. 125). Handeln ohne Bezug auf ‚im allgemeinen vorgestellte Prinzipien’ – und das ist letztlich nur ein anderer Begriff für Theorie – ist Hantierung, aber eben noch nicht Praxis; und schon gar keine professionelle. Um von professioneller Pädagogik zu sprechen, bedarf es also des Bezugs auf ein generalisiertes Wissen, das durch mehr abgesichert ist, als durch alltäglichen Vollzug. Und man wird heute hinzufügen können und müssen, dass unsere Wissensbestände über das, was positiv, aber auch über das, was negativ auf Kinder bzw. deren Entwicklung einwirkt, einerseits ganz erheblich gewachsen sind, andererseits sich einer zunehmenden empirischen Abstützung erfreuen (vgl. z.B. Kagan 2001; Goswami 2001; Fried u.a. 2003; Keller 2003). „Kindererziehung …“, so die Quintessenz der bisherigen Überlegungen, „… ist nicht kinderleicht!“
2. Missverständnisse
Die vermeintliche Logik kindlicher Entwicklung legt sehr leicht ein Missverständnis nahe, das es jedoch zunächst zu benennen und dann zu vermeiden gilt, nämlich dass wir es mit einer Abfolge von Pflege, Betreuung, Erziehung und Bildung zu tun hätten. Der neueste, das ist der 12. Kinder- und Jugendbericht, der sich dezidiert mit dem Thema „Bildung, Betreuung und Erziehung vor und neben der Schule“ auseinandersetzt, weist ebenfalls auf das weit verbreitete Missverständnis hin. Es erwecke den Eindruck, so heißt es dort, als würden „… Betreuung, Erziehung und Bildung doch eher im Nacheinander als eine aufsteigende Abfolge im kindlichen Lebenslauf konzipiert und organisiert, also fälschlicherweise
§ Betreuung und Pflege als besondere Aufgabe und Herausforderung in der frühkindlichen, besonders in der vorsprachlichen Phase;
§ Erziehung als Einübung von Regeln und Verhaltensweisen in der Kleinkindphase, insbesondere im Vorschulalter sowie
§ Bildung als spezifische Herausforderung und Aufgabe der Schule bzw. ab dem Schulalter verstanden“ (BMFSFJ 2005, S. 48)
Hier wird vor dem Hintergrund einer analytischen Trennung, die vermeintlich durch die Entwicklung von Kindern nahe gelegt wird, eine eigene erzieherische Realität konstruiert, die von erheblichen Folgewirkungen begleitet ist. Denn entsprechend dieser Sukzessions-Logik werden Ausbildung und Organisation öffentlicher Bildungs- und Erziehungseinrichtungen aufgebaut – und zwar im Sinne einer hierarchischen Stufenfolge.
§ „So sind Kinderpflegerinnen und insbesondere Tagesmütter als die am schlechtesten Ausgebildeten und am geringsten Bezahlten, vor allem für die Phase der unter Dreijährigen und damit für die Betreuung und Pflege zuständig.
§ Im Unterschied dazu übernehmen im Kindergarten überwiegend die an Fach-schulen und damit auf mittlerem Niveau ausgebildeten Erzieherinnen die Erziehung der Kinder, vor allem die Einübung in die sozialen Regeln und die informellen kulturellen Techniken des sozialen Umgangs.
§ Ab dem Schulalter sind die an Hochschulen ausgebildeten und auch ökonomisch entsprechend besser gestellten Lehrerinnen und Lehrer für die Aufgabe der systematisierten Vermittlung des Lernstoffs und damit für die Frage der Bildung verantwortlich (und werden insoweit auch besser bezahlt als beispielsweise die Fachkräfte, die sich außerhalb der Schule und Betreuungs- und Erziehungsfragen kümmern)“ (BMFSFJ 2005, S. 48).
In der gleichen verqueren Logik lässt sich auch fortfahren, indem beispielsweise die Hochschulen in die Betrachtung eingeschlossen werden. Jenseits der erziehungswissenschaftlich unhaltbaren Sukzessions- bzw. Hierarchie-Logik verbirgt sich hinter dieser Konstruktion eine höchst unerfreuliche, implizit ökonomistische Logik: je mehr bereits in heranwachsende Menschen investiert wurde, desto mehr sind sie uns wert, gemessen an der Bezahlung des für sie öffentlich bereit gestellten Personals.
Um es auf den Punkt zu bringen: Je mehr junge Menschen der pädagogischen Unterstützung bedürfen und je weniger sie selbst in der Lage sind, ihre eigenen Bedürfnisse zu artikulieren und machtvoll durchzusetzen, desto schlechter ist das für sie bereitgestellte Personal qualifiziert und bezahlt. Sie verfügen über die kürzesten Ausbildungsgänge. Dies ist bei näherer Betrachtung ein höchst merkwürdiger Sachverhalt, weil doch die pädagogischen Herausforderungen in diesem Feld erzieherischer Arbeit am größten sind.
Es kommt darauf an, die sachlogische Einheit zu sehen, wo die analytische Trennung unterschiedliche Aufgaben wahrnimmt. Dadurch wird einer pädagogischen Säulenlogik entgegen gewirkt und eine integrierte Perspektive entfaltet, die zugleich auch eine Erhöhung der Anforderungen an das pädagogische Personal deutlich werden lässt. Es geht also um ein „… integriertes Verständnis, das die Familie im Mittelpunkt sieht und Bildung, Erziehung und Betreuung als ein Aufgabenfeld betrachtet, auf dem Tageseinrichtungen, Schulen und Fachdienste gemeinsam arbeiten – im Sinne eines ‚Kompetenznetzwerkes für Kinder’“ (Stöbe-Blossey o.J., S. 59).
Abb. 1: Versäultes und integriertes Verständnis von Betreuung, Erziehung und Bildung
Bereits im frühesten Kindesalter also setzen Bildungsprozesse ein. Auf sie angemessen zu reagieren und sie zu gestalten, ist die professionelle Herausforderung, der nicht mit Zurückweisung oder dem Hinweis auf eine anderweitige Zuständigkeit begegnet werden kann. „Bildung ist der umfassende Prozess der Entwicklung und Entfaltung derjenigen Fähigkeiten, die Menschen in die Lage versetzen, zu lernen, Leistungspotenziale zu entwickeln, zu handeln, Probleme zu lösen und Beziehungen zu gestalten. (…) Bildung entscheidet nicht nur über den ökonomischen Erfolg einer Gesellschaft, sondern vor allem auch über Lebensperspektiven und Teilhabechancen jedes einzelnen jungen Menschen. Sie ist grundlegend für die materielle Sicherheit und die Entfaltung der Persönlichkeit sowie Schlüssel zu einer zukunftsoffenen, sozialen und ökonomisch erfolgreichen Entwicklung jedes Einzelnen und der Gesellschaft“ (BJK u.a. 2002, S. 527). Überall dort, wo pädagogisch-professionell im weiter oben entfalteten Sinne gehandelt wird, handelt es sich um Bildung, die sowohl personale als auch soziale Dimensionen zugleich in ein angemessenes Verhältnis zueinander bringt. Dabei wird nunmehr zugleich deutlich, dass Bildung nicht an bestimmte Orte (z.B. Kindergarten, Schule) gebunden ist, sondern in jeder sozialen Situation des Lebens eines Kindes (genereller: eines Menschen) möglich werden kann. Bildung ist sowohl in räumlicher (unterschiedliche Bildungsorte) als auch in zeitlicher Hinsicht (lebenslanges Lernen) offen (vgl. BMFSFJ 2005, S. 81 und S. 92ff.). Mit diesem Bildungsverständnis ist nunmehr zugleich der Weg zur Diskussion eines weiteren Missverständnisses geöffnet, nämlich dass Bildung und Erziehung (nur) Privatangelegenheit seien.
3. Erziehung ist Privatangelegenheit?
Damit ist nun nicht gemeint, dass künftighin andere Personen oder der Staat nach Belieben in die Erziehung der Eltern hineinregieren dürfen. Vielmehr geht es in diesem Zusammenhang um die Tatsache, dass Eltern heute einen, aber eben nur einen Einflussfaktor auf die Erziehung ihrer Kinder darstellen. Es gibt einerseits die offiziellen, andererseits die heimlichen Miterzieher: Schule, außerschulische Einrichtungen, Medien, Peers usw. usf. In diesem Kontext gewinnt die Kinder- und Jugendhilfe mit ihren Angeboten zunehmend an Bedeutung, allen voran die vorschulischen Einrichtungen.
Aus sozialpädagogischer Richtung ist in diesem Zusammenhang früh, wenngleich noch unter der Perspektive von konflikthaften Entwicklungen, das Thema außerschulische Lern- und Unterstützungsangebote entfaltet worden. So hat beispielsweise C. Wolfgang Müller schon 1966 auf den folgenden Sachverhalt hingewiesen: „Temporäre Notsituationen und Konflikte scheinen immer ‚normaler’ zu werden in einer Gesellschaft, die sich von dem Gedanken zu verabschieden beginnt, das Hineinwachsen des Einzelnen in die Gesellschaft und seine kritische Auseinandersetzung mit ihr sei ein ‚natürlicher’ Prozess, der vom Sozialarbeiter nur im Falle einer ‚anormalen Fehlanpassung’ der Korrektur zu unterziehen sei. Wie können wir länger von ‚selbstverschuldeten Defiziten’ sprechen, wenn es um unvollständige Ehen geht, um Gastarbeiter, die es für den Zeitraum ihrer Arbeit in unserem Lande zu integrieren gilt, um junge Mütter, denen niemand gesagt hat, was sie mit ihren Kindern anstellen sollen, um sie zu ‚erziehen’ … Nein, die gewandelten Tätigkeitsbereiche moderner Sozialarbeiter decken heute in vielen Fällen ebenso wenig ein imaginäres ‚Defizit’, wie der Grundschullehrer ein Defizit deckt, wenn er seiner Klasse das Lesen und Schreiben beibringt“ (Müller [1966], 109). Es geht hier also um normale Unterstützungsangebote für Lebenssachverhalte, die unter veränderten Lebensbedingungen den Charakter von abweichendem Verhalten längst verloren haben. Diese Form der Normalisierung führt dabei zugleich zu einer quantitativen Ausdifferenzierung von öffentlichen Erziehungsangeboten, aber auch zu deren qualitativer Leistungsanforderung. Es ist höchst interessant zu sehen, wie sich die Palette der Hilfen zur Erziehung in den letzten dreißig Jahren gewandelt und ausgeweitet, und welche aktuellen Entwicklungstendenzen sich derzeit verzeichnen lassen (vgl. Birtsch u.a. 2001; Jordan 2005). Der 11. Kinder- und Jugendbericht, der im Jahre 2002 erschienen ist, hat diesen Sachverhalt treffend auf die Formel gebracht: Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung (vgl. BMFSFJ 2002).
Betrachtet man also das Verhältnis von privater und öffentlicher Verantwortung hinsichtlich der Erziehung, dann wird deutlich, dass es sich nicht um eine Konkurrenzsituation handelt, sondern um eine Komplementarität. „In Ergänzung zur privaten Verantwortung und in Abhängigkeit von verfügbaren Ressourcen der Familie müssen Politik und Gesellschaft die Bedingungen des Aufwachsens heute in öffentlicher Verantwortung so gestalten, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen auf dem Weg in die Selbstständigkeit innerhalb der Familie und aus ihr heraus – und im Bedarfsfall auch in prekären Familiensituationen – stabilisiert, gefördert und von ererbten Ressourcen unabhängig wird“ (BMFSFJ 2002, S. 58). Die Ergebnisse der PISA-Studie haben indes mehr als deutlich werden lassen, dass es insbesondere in den leistungsschwächeren Ländern gerade nicht gelingt, den engen Zusammenhang Bildung und soziale Herkunft aufzulösen; vielmehr wird er gerade hier in besonderer Weise (durch die Schule) zementiert (vgl. Merten 2002) [3].
Mit der sehr weitgehenden Formulierung im 11. Kinder- und Jugendbericht wird deutlich dem Sachverhalt Rechnung getragen, dass das Aufwachsen in der und das Hineinwachsen in die moderne Gesellschaft längst kein Prozess mehr ist, der von der Herkunftsfamilie allein zu bewerkstelligen ist. Hier tritt die Kinder- und Jugendhilfe als professionelle Unterstützung auf den Plan. „Die Bereitstellung ihrer Leistungsangebote wird zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr überwiegend durch Einzelbedarfe, d.h. durch spezielle Problemgruppen und individuelle Notlagen ausgelöst, sondern ist vielmehr zu verstehen als eine Reaktion auf einen generell anerkannten, wachsenden Bedarf an öffentlicher Unterstützung für das Aufwachsen von Kinder und Jugendlichen“ (BMFSFJ 2002, S. 60f.). Veränderte gesellschaftliche Bedingungen führen immer mehr und bei einem immer größer werdenden Teil der nachwachsenden Generation dazu, dass sie professioneller Hilfe- und Unterstützungsangebote bedürfen, weil ‚natürliche’ Stabilisierungen dieses Prozesses nicht mehr selbstverständlich bereit stehen.
Nun wäre es erziehungswissenschaftlich unzureichend, wenn allein die empirischen Veränderungen für eine erhebliche Umsteuerung von Erziehungsangeboten in Anspruch genommen werden könnten. Vielmehr bedarf es einer eigenständigen Begründungsleistung, die die öffentlichen Erziehungsangebote nicht allein unter reaktiven Gesichtspunkten, sondern als an sich selbst zu legitimierende Bildungsangebote ausweist. In diesem Zusammenhang soll noch einmal auf Immanuel Kant zurückgegriffen werden. Er reflektiert in diesem Kontext genau den Eigenwert der öffentlichen Erziehung sowie die mit ihr verbundenen pädagogischen Zielsetzungen. „Hier hat die öffentliche Erziehung ihre augenscheinlichsten Vorzüge, denn bei ihr lernet man seine Kräfte messen, man lernet Einschränkung, durch das Recht anderer. Hier genießt keiner Vorzüge, weil man überall Widerstand fühlt, weil man sich nur dadurch bemerklich macht, dass man sich durch Verdienst hervortut. Sie gibt das beste Vorbild des künftigen Bürgers“ (Kant 1985, S. 712). Es geht also, wie es im deutschen Kinder- und Jugendhilfegesetz (§ 1 SGB VIII) heißt, um die Entwicklung einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.
4. Elementarpädagogik nach PISA
PISA ist konzeptionell angelegt als eine Vergleichsstudie von 15-jährigen SchülerInnen hinsichtlich unterschiedlicher Leistungsbereiche. Es geht also um gemessene Leistungen im Bereich des Sekundarschulbereichs I. Es gehört zu den interessantesten Konsequenzen von PISA, dass vielfältige Schlussfolgerungen, die aus deren Ergebnissen gezogen worden sind bzw. zur Legitimation entsprechender Veränderungen herangezogen werden, mit PISA nichts, aber auch gar nichts zu tun haben. Ein Paradebeispiel für diesen Sachverhalt ist die Diskussion um Veränderungsnotwendigkeiten im Elementarbereich nach PISA. Um es noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen: getestet wurden Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I, aber Schlussfolgerungen wurden für den Elementarbereich gezogen. Dass indes der Primarbereich gänzlich ausgespart wurde hat vermutlich – zumindest für Deutschland – damit zu tun, dass die entscheidenden Probleme, die in und mit PISA diagnostiziert wurden, in der IGLU-Studie, die den Primarbereich untersucht hat, noch nicht vorhanden waren. Offensichtlich ist, was die in PISA konstatierten Schwächen anbelangt, hier ein Sprung vom Elementar- in den Sekundarbereich I gelungen, ohne dass diese Schwächen im Primarbereich aufgefallen wären oder dort irgendwelche Beeinflussung erfahren hätten. Das ist in der Erziehungswissenschaft ein wohl höchst einmaliger Vorgang.
Lässt man einmal diese notwendige Polemik beiseite und knüpft wieder an die sowohl empirisch sachhaltige als auch erziehungswissenschaftlich fundierte Einschätzung der veränderten Bedingungen des Aufwachsens an, dann stehen damit zugleich die öffentlich bereitgestellten Institutionen im Zentrum der Aufmerksamkeit, und mit ihnen auch der Elementarbereich. Es adressiert sich an sie die Frage, mit welchen Angeboten sie den veränderten Lebenssachverhalten Rechnung tragen und mit welchem Personal sie diese Angebote zu realisieren gedenken. Auf diese Weise hat sich aber unbemerkt die Fragerichtung verändert: Es geht nicht länger darum, ob wir in der modernen Gesellschaft überhaupt dieser, die Familien unterstützenden und teilweise auch -ersetzenden Angebote bedürfen, sondern mit welchem Profil und in welcher Qualität sie jeweils vorzuhalten sind. Denn: „Die vorschulischen Institutionen müssen nämlich zunehmend Aufgaben erfüllen, deren Bewältigung nicht – oder nicht in dieser Intensität – zu ihrem traditionellen Repertoire gehört. Vorschulische Einrichtungen nicht primär als Spielraum, sondern auch als kognitiven Anregungsraum zu gestalten, als Raum für Denkübungen, Experimente, gezielt angeleitete Bildungserfahrungen gehört nicht zu den deutschen Traditionen. Dies ist aber angesichts der Entwicklungsaufgaben, vor denen die heute Aufwachsenden stehen, und angesichts der Unterstützung, derer die Familien bei der Erziehung bedürfen, dringend erforderlich“ (BMFSFJ 2002, S. 160). Um hier einem Missverständnis vorzubeugen: Es geht nicht um Schule vor der Schule, sondern um die pädagogische Ausgestaltung eines eigenständigen Lebens- und Lernabschnitts – nicht nur als Zubringer für andere Bildungsinstitutionen.
Dieses veränderte Verständnis und die diesen Institutionen zugewachsenen neuen Aufgaben machen ein Umdenken erforderlich: „Kinderbetreuungseinrichtungen müssen vor dem Hintergrund der umfangreichen Erkenntnisse zu den Bedürfnissen und Erfordernissen der Entwicklung von kleinen Kindern größtmögliche Qualität bieten, um sowohl stabile Beziehungen als auch eine anregungsreiche Umwelt sicherzustellen. In erster Linie muss es dabei um die Verbesserung der Ausbildung des Personals in Tagespflege sowie in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung gehen. Das Wissen von Erzieherinnen und Erziehern über Grundbedürfnisse und Entwicklungserfordernisse in der frühen Kindheit muss ebenso vergrößert werden wie das Wissen über altersphasentypische Entwicklungsschritte und Entwicklungsmerkmale, um auf Verzögerungen und Störungen der Entwicklung rechtzeitig und effektiv eingehen zu können. Erzieherinnen und Erzieher müssen insbesondere auch durch ihre Basisqualifikation in die Lage versetzt werden, sich ständig weiterbilden zu können, um sich unter anderem auch mit neuen Forschungserkenntnissen, die für die nächsten Jahre zu erwarten sind, auseinandersetzen zu können“ (BMFSFJ 2005, S. 131). Es sind also erziehungswissenschaftliche Gesichtspunkte sowie neue Realitätsanforderungen, die die Qualitätsdiskussion im vorschulischen Bereich haben virulent werden lassen.
Dabei werden gemeinhin drei Dimensionen von Qualität unterschieden, nämlich die
§ Strukturqualität
§ Prozessqualität
§ Ergebnisqualität.
In den sich anschließenden Überlegungen soll die Konzentration allein auf einen Aspekt erfolgen, für den alle, die in der Ausbildung des pädagogischen Personals stehen, verantwortlich zeichnen. Gemeint ist die Qualität und das Niveau der Ausbildung von Fachkräften.
Bevor diesem Gesichtspunkt – gerade mit Blick auf die vorschulischen Einrichtungen – das notwendige Augenmerk geschenkt werden soll, soll zuvor eine kurze Rekapitulation der aktuellen Diskussion um die Ausbildung für den Elementarbereich erfolgen. In Deutschland hat sich in den letzten Jahren eine verstärkte Diskussion darüber entwickelt, ob die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, die hauptsächlich die pädagogische Arbeit im Elementarbereich leisten, nicht (längst überfällig und insofern dringend) auf das Niveau einer akademischen Ausbildung angehoben werden soll. So problematisch die Entwicklungen infolge des Bologna-Prozesses für die akademische Qualifikation im Bereich pädagogisch-erziehungswissenschaftlicher Studiengänge insgesamt auch sein mögen, hinsichtlich des Qualifikationsprofils für den vorschulischen Sektor zeitigt Bologna positive Konsequenzen. Denn inzwischen hat ein Akademisierungsschub für die Qualifikationsprofile des vorschulischen Bereichs eingesetzt, der kaum noch aufzuhalten sein dürfte (vgl. Schmidt 2005, S. 463ff.). Dass dabei durchaus auch standespolitische Gründe mit eine Rolle gespielt haben mögen, soll gar nicht bestreiten, aber hier interessiert nur die erziehungswissenschaftliche Komponente. Inzwischen gibt es erste etablierte eigenständige Studiengänge für den Vorschulbereich, und diese Studiengänge werden sich wohl flächendeckend durchsetzen (vgl. GEW 2005). Damit ist im Feld der Frühpädagogik der Prozess der Professionalisierung – längst überfällig – eingeleitet, der sich in der folgenden aufsteigenden Logik vollzieht:
§ Verberuflichung, d.h. es geht um den Nachweis einer anerkannten, formal zertifizierten Qualifikation,
§ Verfachlichung, die im Nachweis einer einschlägigen Qualifikation besteht,
§ Akademisierung, die sich durch den Nachweis eines Hochschulstudiums ausweisen lässt,
§ Professionalisierung, die (mindestens) durch den Nachweis eines fachlich einschlägigen Studiums ausgewiesen ist (vgl. Merten 2005, S. 660f.).
Mit diesem Prozess wird die weiter oben beschriebene Sukzessions-Logik insofern durchbrochen, als er sie von der Spitze her aufnimmt, sie dadurch aufbricht und nicht auf eine pädagogische Teilorientierung (etwa nur Betreuung, nur Erziehung oder nur Bildung) festlegt.
Nunmehr ist es sachlich geboten, zu der Ausgangsüberlegung zurückzukehren, d.h. zur Qualität, die hier – und auf diese Weise erschließt sich der Sinn der eben angestellten Zwischenbemerkung – an der Frage der Qualifizierung des pädagogischen Personals festgemacht wird. In diesem Zusammenhang weist Wassilios Fthenakis darauf hin, dass „… sich das Niveau der Ausbildung und das Training von Erzieher/innen bezüglich Betreuer-Kind-Interaktion als für die Erziehungsqualität prädiktiv erwiesen [hat]. Generell korrelieren diese Variablen mit den in der Betreuungssituation erreichten Entwicklungszielen. Das Niveau der Ausbildung wirkt sich z.B. auf die soziale Kompetenz der Kinder aus“ (Fthenakis 2003, S. 221). Ebenso lässt sich anhand vorliegender Untersuchungen zeigen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen Erzieherinnen-Qualifikation sowie Leistungsfähigkeit und Kooperationsverhalten von Kindern besteht. Aus der Sicht der Bindungsforschung wird darauf hingewiesen, dass höhere Qualifikation des pädagogischen Personals auch zu stabileren, d.h. sicheren Bindungen seitens der Kinder gegenüber ihren Erzieherinnen führt. Die Kinder weisen ein höheres Durchhaltevermögen auf und sind sowohl in der sprachlichen als auch der allgemeinen kognitiven Entwicklung (Allgemeinwissen) deutlich fortgeschritten gegenüber altersgleichen Kindern, die von wenig oder nicht qualifiziertem Personal pädagogisch betreut wurden. „Der Zusammenhang lässt sich zum Teil darauf zurückführen, dass diese Erzieher/innen über ein größeres Wissen in Bezug auf den entwicklungsabhängigen Umgang mit Kindern verfügen … Aufgrund dessen werden sie seltener unangemessene Anforderungen an das Kind stellen und das Kind in einer Weise fördern, dass es in seinen Handlungen auf bereits erworbene Fähigkeiten aufbauen kann“ (Fthenakis 2003, S. 222). Es gibt also gesicherte Wissensbestände, die deutlich machen, dass das Sparen an Qualifikation einen sicheren negativen Einfluss auf die Entwicklung von Kindern hat. Man kann diesen Sachverhalt ignorieren oder bezweifeln wollen, aber das schafft die Ergebnisse nicht aus der Welt. Unter der Perspektive pädagogischer Verantwortlichkeit wird es vielmehr darauf ankommen, diesem Sachverhalt angemessen Rechnung zu tragen und auch die vorschulischen Einrichtungen als Bildungseinrichtungen eigener Qualität und eigener Dignität auszugestalten. „Obwohl nach der Geschichte der institutionellen Kinderbetreuung im vergangenen Jahrhundert mit ihren z.T. widersprüchlichen Zielsetzungen heute ein breiter Konsens darüber besteht, dass Kindertageseinrichtungen jedenfalls auch Orte der Bildung sind, die die Selbstbildung von Kindern fördern und die Chancenungleichheit auszugleichen versuchen, harrt dieser Konsens noch der vollständigen und folgerichtigen Umsetzung in Praxis und Ausbildung“ (BMFSFJ 2002, S. 160). Dabei sind Strukturbedingungen ebenso wichtig, wie finanzielle Ausstattung und räumliche Bedingungsfaktoren. Aber diese allein vermögen nicht das zu leisten, was im ureigenen Felde des pädagogisch Verantwortbaren zu tun ist, nämlich im Bereich der pädagogischen Professionalität. „Kernpunkt einer modernen und zukunftsfähigen Kinder- und Jugendhilfe ist die Professionalität ihres Personals und die Anerkennung ihres fachlichen Eigensinns. Fachlichkeit setzt eine qualifizierte Ausbildung, eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung sowie eine den gestiegenen Anforderungen entsprechende Bezahlung der Fachkräfte voraus. Eine wesentliche Voraussetzung für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe ist, dass das Fachkräfteangebot auf allen Ebenen und für alle Leistungsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe umgesetzt wird“ (BMFSFJ 2002, S. 55). Die ersten Schritte sind gemacht, aber es bleibt auch noch viel zu tun. Insofern stellt die Weiterentwicklung im Feld der Kinder- und Jugendhilfe eine der wesentlichen – gesamtgesellschaftlichen [sic !] – Herausforderungen dar, gerade weil die Entwicklung der öffentlichen Haushalte gerade keinen Anlass zum Optimismus gibt.
Literatur
Birtsch, V./Münstermann, K./Tede, W. (Hrsg.), 2001: Handbuch Erziehungshilfen. Leitfaden für Ausbildung, Praxis und Forschung. Münster
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BMFSFJ [Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend] (Hrsg.), 2002: Elfter Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Bonn
BMFSFJ [Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend] (Hrsg.), 2005:
Fthenakis, W. E., 32003: Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder. In: Fthenakis, W.E. (Hrsg.): Elementarpädagogik nach PISA. Wie aus Kindertagesstätten Bildungseinrichtungen werden können. Freiburg (Brsg.), S. 208-242
Fried, L./Dippelhofer-Stiem, B./Honig, M.-S./Liegle, L., 2003: Pädagogik der frühen Kindheit. Weinheim u.a.
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Goswami, U., 2001: So denken Kinder. Einführung in die Psychologie der kognitiven Entwicklung. Bern u.a.
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Kagan, J., 2001: Die Natur des Kindes. Weinheim/Basel
Keller, H. (Hrsg.), 32003: Handbuch Kleinkindforschung.
Luhmann, N./Schorr, K. E., 1979: Das Technologiedefizit der Erziehung und die Pädagogik. In: Zeitschrift für Pädagogik, 25. Jg., S. 345-365
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Rousseau, J. J., 1789: Emil oder über die Erziehung. Hrsg. von J. H. Campe. Braunschweig
Schleiermacher, F., 2000: Grundzüge der Erziehungskunst (Vorlesung 1826). In: Schleiermacher, F.: Texte zur Pädagogik. Kommentierte Studienausgabe. Band 2. (Hrsg. von M. Winkler und J. Brachmann). Frankfurt am Main
Schmidt, T., 2005: Professionalisierungstendenzen in der Frühpädagogik. Wohin steuert die Ausbildung des pädagogischen Personals für Kindergärten? In: Unsere Jugend, 57. Jg., S. 463-473
Schwarz, W., 1915: Immanuel Kant als Pädagoge. Langensalza
Stöbe-Blossey, S., o.J.: Bildungsbenachteiligung – Wege zur frühen Förderung im Netzwerk. In: Landschaftsverband Rheinland, Landesjugendamt (Hrsg.): Fachkongress Perspektive Jugendhilfeplanung. Beiträge zum Kongress 28. und 29. Juni 2005 in Köln. Köln, S. 57-67
Weisskopf, T., 1970: Immanuel Kant und die Pädagogik. Beiträge zu einer Monographie. Zürich
Der Autor
Prof. Dr. Roland Merten, M.A.
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Erziehungswissenschaft
Carl-Zeiß-Platz 1
D-07737 Jena
Tel. 0049 / 3641 / 94 53 70
Mail roland.merten@uni-jena.de
URL http://www.uni-jena.de/prof_merten.html
Jg. 1960, Inhaber des Lehrstuhls für Sozialpädagogik und außerschulische Bildung; Professeur associé an der Université du Luxembourg, Faculté des Lettres, des Sciences Humaines, des Arts et des Sciences de l’Education
[1] Es ist auffällig, dass Kant von einem pädagogischen Machbarkeits-Gefühl getragen ist, das sich für die heutige Diskussion wohl als nur noch wenig tragfähig erweist (vgl. als ‚Läuterungsliteratur’ exemplarisch Luhmann/Schorr 1979, S. 345ff.).
[2] „Alles ist gut, wenn es aus den Händen des Urhebers der Dinge kömmt: Alles entartet unter den Händen des Menschen“ (Rousseau 1789, S. 27)
[3] Auf diesen Zusammenhang hat der 12. Kinder- und Jugendbericht noch einmal sehr deutlich aufmerksam gemacht: „Im Grunde genommen handelt es sich bei den Leistungsvergleichsstudien nicht, wie zumeist angenommen wird, um Schulleistungsstudien, sondern zunächst einmal um eine Befragung bzw. einen Kompetenztest, bei PISA für 15-Jährige, während des Unterrichts; allein diese Örtlichkeit suggeriert eine gewisse Schulnähe. Die Annahme, dass die dort gemessenen Leistungen, gute wie schlechte, in einem direkten Zusammenhang zum Unterricht stehen – und nur dies würde es gerechtfertigt erscheinen lassen, von einer Schulleistungsstudie zu sprechen –, wird durch die Studie selbst deutlich relativiert. Indem die erste PISA-Studie festgestellt hat, dass nirgends in der Welt die soziale Herkunft bei der Leistungsmessung so stark durchschlägt wie in Deutschland, weist sie selbst auf die Bedeutung schulunabhängiger Kontexte hin. Und das heißt nichts anderes, als dass auch nicht-schulische Faktoren einen erheblichen Einfluss auf die gemessenen Kompetenzen haben“ (BMFSFJ 2005, S. 80).