Neuerscheinung: Bildung und Qualifizierung jugendlicher Arbeitsloser

Die Neuerscheinung der Schriftenreihe FORWARD beleuchtet die Handlungsfelder, Strukturen, Methoden und Probleme der Jugendberufshilfe und möchte neue Lösungsansätze für die berufliche Qualifizierung und Eingliederung Jugendlicher aufzeigen.

Bildung und Qualifizierung jugendlicher Arbeitsloser
Theorie und Praxis der Jugendberufshilfe
Schriftenreihe FORWARD BAND III
Klaus Schneider (Hrsg.)
Inter-Actions 2008
130 Seiten, brosch.
ISBN-13 978-2-9599733-4-5
Preis : 17,80.- €

http://www.forward.lu/

Neuerscheinung
Bildung und Qualifizierung jugendlicher Arbeitsloser
Theorie und Praxis der Jugendberufshilfe
Vorwort: Francois Biltgen

Der Arbeitswelt und dem berufstätigen Menschen zugesprochenen Status werden
gemeinhin große Bedeutung beigemessen. Diese gesellschaftliche Relevanz der
Erwerbstätigkeit wird durch das Recht auf Arbeit in der luxemburgischen Verfassung1
unterstrichen. Auch für die meisten Jugendlichen ist ein Leben ohne Arbeit kaum
vorstellbar. Ihre Persönlichkeit wird nachweislich durch eine fundierte Ausbildung
und anschließende Berufstätigkeit stabilisiert und gefördert. Im Streben nach
gesellschaftlicher Teilhabe werden Jugendliche jedoch auch von der medialen
Wohlstands- und Spaßgesellschaft stimuliert. Der daraus resultierende Konsumdruck
und der allseits sichtbare Reichtum beeinflussen Teenager und bestimmen ihre
Ansprüche. In diesem Umfeld entwickeln junge Menschen berechtigte Erwartungen
an ihr berufliches Engagement (Aufgabenfeld, Einkommen, künftige
Aufstiegschancen usw.). Aber nicht alle Heranwachsenden haben das Potential und
die Unterstützung zur Realisierung ihrer ehrgeizigen Pläne. Vor allem bei
benachteiligten Jugendlichen verläuft die berufliche Integration alles andere als linear.
Oft fehlen grundlegende Kompetenzen, die Arbeitgeber überzeugen und einen
Berufseintritt ermöglichen. Weiterhin hemmen hoher Erwartungsdruck und
vorhandene Ängste ihre Flexibilität und Anpassungsbereitschaft. Aufgrund der hohen
Anforderungen des postindustriellen Arbeitsmarkts (Fachkenntnisse und
Schlüsselqualifikationen) finden Jugendliche mit mangelhafter Bildung bzw. ohne
Schulabschluss kaum noch einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz und gleiten in die
Arbeitslosigkeit ab.

1 Mit dem Gesetz vom 21. Mai 1948 wurde die luxemburgische Verfassung von 1868 im Artikel
11 um das Recht auf Arbeit erweitert: La loi garantit le droit au travail et assure à chaque citoyen
l´exercice de ce droit. Mémorial A No. 35 de 1948: Révision de la Constitution. Art. 11. (4)

Berufliche Teilhabe für Benachteiligte
Immer wieder wurde das Thema Arbeitslosigkeit mit dem Stigma der
Selbstverschuldung der Betroffenen in Verbindung gebracht. Aber schon lange
reichen Flexibilität und Anpassungswille alleine nicht mehr aus. Auch die geforderte
Mobilität ist kein Garant für einen Arbeitsplatz. Die meisten jugendlichen
Arbeitsuchenden machen sich keine Illusionen und wären mit einer Anstellung auf
dem Niveau des Mindestlohns durchaus zufrieden. Während der Arbeitslosigkeit
durchlaufen sie eine Such- und Orientierungsphase, in der sie immer wieder mit den
realen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert werden. Einerseits sollen
Berufsberatung, Feststellungs- und Qualifizierungsmaßnahmen die
Beschäftigungsfähigkeit steigern und den Übergang zum Ausbildungssystem
gewährleisten. Andererseits beeinträchtigen diese regulativen Instrumentarien die
Motivation und den Berufswunsch der Jugendlichen und orientieren benachteiligte
Jugendliche in die zentralen Auffangstrukturen der Jugendberufshilfe.
In der Vergangenheit konzentrierte sich die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in
zunehmender Weise auf die aktivierenden Beschäftigungs- und
Qualifizierungsmaßnahmen bei Staat und Gemeinde. Befristete Maßnahmen ohne
Qualifizierungscharakter senken zwar die offizielle Arbeitslosenzahl, lösen aber nicht
die implizite Problematik der strukturellen Arbeitslosigkeit. Die Jugendlichen bewegen
sich in einem Parksystem eingeschränkter Entwicklungschancen ohne
bildungsorientiertes Leitsystem, konkrete Perspektiven und koordinierte
Anschlussbeschäftigung. Diese Strategie temporärer Verlagerung dient letztlich nicht
der Beseitigung der Arbeitslosigkeit, da die offenkundige Erwerbslosigkeit lediglich
aufgeschoben und die nachhaltige Kompetenzförderung der Betroffenen
vernachlässigt wird. Zunehmend wird das Leistungsangebot der Sozialen Arbeit von
einem weithin segregierenden Bildungssystem vereinnahmt und die
systemimmanenten Probleme aus der Schule auf die Jugendhilfe verlagert.
In diesem Dilemma bewegt sich die Jugendberufshilfe, die eigentlich zur Anpassung
an die Arbeitsmarktsituation, sprich zur Arbeitsaufnahme qualifizieren und motivieren
soll. Damit stehen Betroffene wie Professionelle gleichermaßen vor der Fragestellung,
wieso die seit den 70er Jahren grassierende hohe Jugendarbeitslosigkeit trotz der
andauernden Diskussion und des sozialpolitischen Reformwillens nicht beseitigt
werden kann.
Entsprechend zieht sich in Luxemburg auch die breite bildungspolitische Debatte
durch alle Diskussionswellen und Legislaturperioden der letzten 30 Jahre. Immer
wieder definierte man Schulabbruch, fehlende Berufsausbildung und mangelhafte
Sprachkenntnisse als Indikatoren einer misslungenen Berufsintegration Jugendlicher.
Diese Feststellung setzt voraus, dass die Jugendlichen im traditionellen
Bildungssystem scheitern und die Benachteiligung durch den Drop-out sichtbar wird.
Der Schulabbruch oder Arbeitsplatzverlust wird oft durch eingeschränkte
Bildungschancen und soziale Benachteiligung ausgelöst. Das eigentliche Problem, die
fehlenden Qualifikationen als Auslöser der Arbeitslosigkeit, wurde gleichermaßen
diskutiert wie ignoriert, um anschließend an die Folgeinstanzen (Arbeitsvermittlung
und gemeinnützige Qualifizierungsträger) weitergereicht zu werden.
Diese beschäftigungspolitische Logik spiegelt sich im Lebenskontext der Jugendlichen.
Während der obligatorischen Übergangsphase zwischen Schule und Beruf ist so
mancher Jugendlicher auf die proaktiven Sicherungs- und Unterstützungsleistungen
der Jugendberufshilfe angewiesen. Schulpsychologischer Dienst,
Jugendberatungsstellen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Qualifizierungsangebote
helfen vielen Schulabbrechern und arbeitsuchenden Jugendlichen, den Übergang in
die Arbeitswelt doch noch zu schaffen. Während Orientierungskurse und
Beratungsstellen für Schulabbrecher und minderjährige Arbeitsuchende in Luxemburg
effektive Unterstützung anbieten, müssen Jugendberufshilfebetriebe und
Qualifizierungswerkstätten für Arbeitslose in der Altersklasse von 18 bis 29 Jahren
ausgebaut werden.

Der Inhalt:
Hans Thiersch erläutert in seiner Analyse die Strukturen und das Zusammenwirken von Bildung
und Jugendhilfe in einer modernen, multikulturellen Gesellschaft. Er verweist auf die mit der PISAStudie
neu entfachte Diskussion um Bildungsgerechtigkeit und die besondere Benachteiligung der
Migranten.
Franz Josef Krafeld legt in seinem Artikel das Konzept der lebensweltorientierten
Jugendberufshilfe dar. Im Gegensatz zu arbeitsmarktfixierten Bildungsprozessen sollten Jugendliche
verstärkt zur Bewältigung prekärer Lebensbedingungen und Krisen befähigt werden. In diesem
Spannungsfeld zwischen Anpassung und Lebensweltorientierung zeigt er die zentralen Elemente der
aktivierenden Jugendberufshilfe auf.
Der Herausgeber der Schriftenreihe Klaus Schneider beschäftigt sich in seinen Ausführungen
mit der Historizität der Jugendberufshilfe in Luxemburg und veranschaulicht die institutionalisierten
Strukturen und Methoden der aktuellen pädagogischen Praxis.
Philipp Gonon streicht in seinem Kapitel die Bedeutung der Schlüsselqualifikationen für den
Übergang von der Schule in das Berufsleben hervor. Er veranschaulicht die aktuelle Dimension der
Schlüsselkompetenzen anhand eines geschichtlichen Überblicks und der unterschiedlichen
begrifflichen Anwendung.
Rüdiger Hossiep beschreibt die Methodik berufsbezogener Persönlichkeitstests in der
Personalauswahl und unterstreicht die Aussagekraft eines sozialkompetenzbasierenden
Selektionsverfahrens in der Bewerberauswahl.
Dieter Gnahs setzt sich mit der geplanten PIAAC-Studie der OECD auseinander, die eine
länderübergreifende Analyse der beruflichen Kompetenzen Erwachsener und eine neue Evaluation
der Ausbildungssysteme ermöglichen wird.
Ein Blick über die luxemburgische Grenze gewährt der Beitrag von Jeff Kintzelé und Marc Ant.
Sie stellen die Geschichte und die Verfahrensweisen der Kompetenzbilanzierung in Frankreich vor.
John Erpenbeck schließlich erweitert den Horizont hin zu den Methoden der Kompetenzerfassung
im europäischen Raum und unternimmt einen Vergleich der Systeme unterschiedlicher Kulturen.

Die Autoren
Marc Ant: Dr., Professor für Wirtschaftspsychologie an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg.
François Biltgen: Jurist, Minister für Arbeit, Beschäftigung, Kultur, Hochschulbildung und
Forschung in Luxemburg, Präsident der christlich-sozialen Partei (CSV).
John Erpenbeck: Dr., Professor an der „School of International Business and Entrepreneurship
(SIBE)“ in Herrenberg.
Dieter Gnahs: Dr., Professor, Senior Researcher am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung in
Bonn.
Philipp Gonon: Dr., Professor, Lehrstuhl für Berufsbildung an der Universität Zürich.
Rüdiger Hossiep: Dr., Dozent an der Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum und
Leiter des Projektteams Testentwicklung.
Jeff Kintzelé: Diplomsoziologe, Geschäftsführer der Gesellschaft „Etudes et Formation S.A.“.
Franz Josef Krafeld : Dr., Professor für Erziehungswissenschaft im Zentrum für soziale Beratung
und Bildung (ZEBB) an der Hochschule Bremen.
Klaus Schneider: Diplompädagoge, Herausgeber der Schriftenreihe FORWARD, Leiter des
Qualifizierungs- und Kompetenzzentrums Schläifmillen, Inter-Actions.
Hans Thiersch: Prof. Dres. h.c., emeritiert, 1970 bis 2002 Professor für Erziehungswissenschaften
und Sozialpädagogik an der Universität Tübingen, Ehrendoktor der Technischen Universität
Dresden und der Universität Lüneburg.
Bildung und Qualifizierung jugendlicher Arbeitsloser
Theorie und Praxis der Jugendberufshilfe
Schriftenreihe FORWARD BAND III
Klaus Schneider (Hrsg.)
©Inter-Actions 2008
130 Seiten, brosch.
ISBN-13 978-2-9599733-4-5
Preis : 17,80.- €
Kontakt: Inter-Actions

Kompetenzzentrum Schläifmillen
6a, rue Godchaux
L-1634 Luxembourg
Tel. ++352 43 48 07 0
forward@inter-actions.lu
www.forward.lu
Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds
und des luxemburgischen Arbeitsministeriums

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