Communiqué de presse: Kannerrechter an d’Verfassung!

Kannerrechter gehéiren och an d’Lëtzebuerger Verfassung ! Kinderrechte auch in die luxemburgische Verfassung ! Il faut inscrire les Droits de l’Enfant à notre constitution !

Bei der anstehenden Reform der luxemburgischen Verfassung sollten die Kinderrechte ebenfalls berücksichtigt werden. Dies fordert die „Association Nationale des Communautés Éducatives et Sociales“, der luxemburgische Fachverband für Soziale Arbeit, und unterbreitet der zuständigen Parlamentskommission einen diebezüglichen Vorschlag.

Derzeit wird im Parlament an einer weitreichenden Verfassungsänderung gearbeitet. Im April 2009 legte die entsprechende Parlamentskommission einen Textvorschlag vor (document parlementaire 6030), der begrüssenswerterweise eine Neuordnung der Grundrechte sowie der politischen und sozialen Rechte vorsieht. In diesem Zusammenhang begrüssen wir ausdrücklich, dass der neue Verfassungstext auch einen zusätzlichen Artikel bezüglich einer angemessenen Wohnunterkunft[1] vorsieht, was einer beachtlichen Ausdehnung der sozialen Rechte der Bürger gleichkommt. Nach der 2007 erfolgten Einschreibung in die Verfassung eines Rechtes der Personen mit Behinderung auf eine soziale Integration sowie der Armutsbekämpfung und der Rechte der zukünftigen Generationen auf eine nachhaltige Entwicklung[2] stellen wir fest, dass der derzeitige Textvorschlag die besonderen Rechte des Kindes weder erwähnt noch in irgendeiner Form berücksichtigt. Das Kapitel über die Grundrechte (Art. 11-41), unterteilt in „Dignité“, „Libertés“, „Solidarité et Citoyenneté“,  trägt mannigfaltigen Entwicklungen und Einflüssen der internationalen und europäischen Diskussion um Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung Rechnung.

Mit Bedauern, wenn nicht Bestürzung müssen wir in der jetzt vorliegenden, von der Regierung kommentierten Textvorlage zur anstehenden Verfassungsänderung feststellen, dass die Kinderrechte nicht Eingang in die Verfassung finden sollen. Wir erinnern daran, dass die Kinderrechte in der Europäischen Grundrechtecharta mit einem eigenen Artikel sehr ausführlich erwähnt werden und dass wir europaweit einen Trend der verfassungsmässigen Verankerung von Kinderrechten feststellen.

Beispielsweise vervollständigte Belgien 2008 den ensprechenden Verfassungsartikel 22 bis, der im Jahre 2000 eingeführt wurde.[3] Auch die neue Landesverfassung des Saarlandes von 2007 erwähnt die Kinderrechte ausdrücklich. Der österreichische Nationalrat beschloss am 20. Januar 2011 ein neues Bundesverfassungsgesetzt, das „nur“ sieben Artikel vorsieht, etwa das Recht auf Schutz und Fürsorge, Gleichbehandlung von Kindern mit Behinderungen, altersgerechte Mitspracherechte, das Recht auf Schutz vor Gewalt oder das Verbot von Kinderarbeit.[4] Auch in Deutschland bleibt die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz in der Diskussion.[5]

Nicht nur wegen der symbolischen Bedeutung, sondern vor allem auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Lebenschancen von Kindern und Minderjährgien rufen wir die politisch Verantwortlichen sowie die Akteure der Zivilgesellschaft auf, sich für die Einschreibung der Kinderrechte in die luxemburgische Verfassung einzusetzen. Wir erinnern daran, dass das „Ombudscomité fir d’Rechter vum Kand“ in ihrer jährlichen Bericht 2010[6] dies ebenfalls empfohlen hat; eine Empfehlung die demnach bislang in den parlamentarischen Arbeiten unerfüllt geblieben ist.

Wir schlagen vor, die Kinderrechte in dem vorgeschlagenen Artikel 14 über die persönlichen Grundrechte und den Schutz der Familie („Art. 14. L’Etat garantit les droits naturels de la personne humaine et de la famille.“) zu ergänzen um die in der europäischen Grundrechtecharte verwendete Formulierung der Kinderrechte sowie einen Verweis auf gewaltfreie Erziehung zu Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit. (siehe Anhang)

Insbesondere im Vorfeld der von der entsprechenden Parlamentskommission geforderten Orientierungsdebatte um das Herabsetzen des Wahlalters hin zu einem fakultativen Wahlrecht für Minderjährige ab 16 Jahren[7] möchte die ANCES darauf hinweisen, dass es zu einer kohärenten Herangehensweise kommt bei der Verankerung von politischen oder sozialen Rechten für Minderjährige. Die Forderung nach einem fakultativem Wahlrecht ab 16 Jahren steht in der Tradition der Kinderrechtsdiskussion um mehr Beteiligung und Mitbestimmung durch Kinder und Jugendliche. Ohne die Verankerung der Partizipationsrechte in der ins Jahr 1989 zurückreichenden Internationale Kinderrechtskonvention würden wir heute kaum über den Vorschlag eines fakultativen Wahlrechts ab 16 Jahren diskutieren. Demnach wünschen wir, dass der Gesetzgeber diese Debatte im Lichte einer umfassenden Verankerung von Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechten des Kindes im neuen Verfassungstext führt.

 

Weitere Informationen erhalten Sie bei: Charel Schmit, Präsident, tél. 691 929285, 46 66 44 9433; Danielle Lellinger, Generalssekretärin, tél. 0032 26 600 283 / 0032 4876 17191
Anhang:

Europäische Union

Traité de Lisbonne – 13 décembre 2007 /  CHARTE DES DROITS FONDAMENTAUX DE L’UNION EUROPÉENNE (2010/C 83/02)

Europäische Grundrechtecharte, Nizza 2000

Article 24 – Droits de l’enfant
1. Les enfants ont droit à la protection et aux soins nécessaires à leur bien-être. Ils peuvent exprimer leur opinion librement. Celle-ci est prise en considération pour les sujets qui les concernent, en fonction de leur âge et de leur maturité.

2. Dans tous les actes relatifs aux enfants, qu’ils soient accomplis par des autorités publiques ou des institutions privées, l’intérêt supérieur de l’enfant doit être une considération primordiale.

3. Tout enfant a le droit d’entretenir régulièrement des relations personnelles et des contacts directs avec ses deux parents, sauf si cela est contraire à son intérêt.

Artikel 24: Rechte des Kindes

(1) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Sie können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie betreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.

(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.

(3) Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen, es sei denn, dies steht seinem Wohl entgegen.

Saarland

Landtag des Saarlandes, 40. Sitzung am 4. Juli 2007, Gesetz Nr. 1622 zur Änderung der Verfassung des Saarlandes. Text des neu eingefügten und gefassten Artiekl 24 a:
(1) Jedes Kind hat ein Recht auf Achtung seiner Würde, auf Entwicklung und Entfaltung seiner
Persönlichkeit, auf Bildung sowie auf gewaltfreie Erziehung zu Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit.
(2) Jedes Kind hat ein Recht auf besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung, Ausbeutung
sowie leiblicher, geistiger oder sittlicher Verwahrlosung.

Belgique

Constitution belge

Belgische Verfassung

Art. 22. Chacun a droit au respect de sa vie privée et familiale, sauf dans les cas et conditions fixés par la loi.
La loi, le décret ou la règle visée à l’article 134 garantissent la protection de ce droit.

Art. 22bis (seconde modification) Chaque enfant a droit au respect de son intégrité morale, physique, psychique et sexuelle.
Chaque enfant a le droit de s’exprimer sur toute question qui le concerne; son opinion est prise en considération, eu égard à son âge et à son discernement. Chaque enfant a le droit de bénéficier des mesures et services qui concourent à son développement.
Dans toute décision qui le concerne, l’intérêt de l’enfant est pris en considération de manière primordiale.

La loi, le décret ou la règle visée à l’article 134 garantissent ces droits de l’enfant.

Art. 22 Jeder hat ein Recht auf Achtung vor seinem Privat- und Familienleben, außer in den Fällen und unter den Bedingungen, die durch Gesetz festgelegt sind.

Das Gesetz, das Dekret oder die in Artikel 134 erwähnte Regel gewährleistet den Schutz dieses Rechtes.

Art. 22bis (Zweite Abänderung) Jedes Kind hat ein Recht auf Achtung vor seiner moralischen, körperlichen, geistigen und sexuellen Unversehrtheit.
Jedes Kind hat das Recht, sich in allen Angelegenheiten, die es betreffen, zu äußern; seiner Meinung wird unter Berücksichtigung seines Alters und seines Unterscheidungs-vermögens Rechnung getragen.

Jedes Kind hat das Recht auf Maßnahmen und Dienste, die seine Entwicklung fördern.
Das Wohl des Kindes ist in allen Entscheidungen, die es betreffen, vorrangig zu berücksichtigen.

Das Gesetz, das Dekret oder die in Artikel 134 erwähnte Regel gewährleistet diese Rechte des Kindes.

 

[1] Proposition de Revision (DP 6030) : « Art. 37. L’Etat veille à ce que toute personne puisse vivre dans un logement approprié. »

[2] (Révision 29.3.2007)  Art. 11 (…) (5) La loi règle quant à ses principes la sécurité sociale, la protection de la santé, les droits des travailleurs, la lutte contre la pauvreté et l’intégration sociale des citoyens atteints d’un handicap.

[3] Belgien:  http://www.senate.be/doc/const_fr.html#modif20000323

[4] Österreich: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/A/A_00935/fname_175177.pdf und http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/A/A_00935/index.shtml

[5] Aktion der National coalition http://www.kinderrechte-ins-grundgesetz.de/

[6] Rapport annuel 2010 –  Ombuds-Comité fir d’Rechter vum Kand : « L’ORK s’adresse à la Chambre des Députés pour rappeler sa recommandation formulée dans le rapport 2004 et insiste à voir inclure, dans le cadre des travaux d’élaboration d’une nouvelle Constitution, actuellement en cours, et, à l’instar d’autres préoccupations ou objectifs à valeur constitutionnelle, les droits de l’Enfant dans le texte de la Constitution.“

[7] 6206/04 Proposition de révision de l’article 52 de la Constitution Proposition de loi portant modification de la loi électorale modifiée du 18 février 2003

131_ANCES_communique_Kannerrechter_an_Verfassung_2011.pdf

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